Statement zur Hinrichtung von Jamshid Sharmahd
Jamshid Sharmahd wurde am 29.10.2024 im Iran hingerichtet. Der Menschenrechtsaktivist wurde 2020 von Dubai aus in den Iran verschleppt, und unter konstruierten Vorwänden in einem Scheinprozess ohne anwaltlichen Beistand und unter Missachtung aller rechtsstaatlichen Standards zum Tode verurteilt. Jamshid Sharmahd wurde 69 Jahre alt.
Das Mideast Freedom Forum Berlin war seit 2022 Teil des Bündnisses #SaveSharmahd. Wir sind schockiert, wütend und traurig über seine Hinrichtung. Wir kritisieren die Bundesregierung dafür, dass sie sich zu wenig für das Leben von Jamshid Sharmahd eingesetzt hat. Unser Statement finden Sie hier:
Statement zur Hinrichtung des deutschen Staatsbürgers und Menschenrechtsaktivisten Jamshid Sharmahd
Berlin, 29.10.2024
Das Regime der Islamischen Republik Iran hat den deutschen Staatsbürger Jamshid Sharmahd hingerichtet. Damit vollstreckte das Mullah-Regime das in einem politischen Schauprozess im Februar 2023 verhängte Todesurteil.
Wir sind schockiert, traurig und wütend über diese Nachricht. Unser tiefstes Beileid gilt seiner Tochter Gazelle Sharmahd und der ganzen Familie.
Jamshid Sharmahd wurde 1955 in Teheran, Iran geboren. Im Alter von 7 Jahren reiste er mit seinem Vater zum ersten Mal nach Deutschland und verbrachte den größten Teil seiner Jugend dort. Die deutsch-iranische Familie lebte in Peine. Unter anderem absolvierte er hier eine Ausbildung zum Elektriker. Kurz vor der Islamischen Revolution kehrte Jamshid 1979 in den Iran zurück. Dort heiratete er bald darauf seine jetzige Frau. Schon bald war Jamshid als Menschenrechtler und politischer Aktivist im Iran ständig der Gefahr einer Inhaftierung ausgesetzt. Deshalb flüchtete das junge Paar mit der einjährigen Tochter Gazelle nur wenige Jahre später aus dem Iran zurück nach Deutschland.Im Jahr 1995 erhielt Jamshid die deutsche Staatsbürgerschaft. Im Jahr 2003 wagte die Familie einen Neustart und zog nach Kalifornien, USA. 2006 richtet er die Website tondar.org ein, auf der politische Dissidenten aus dem Iran anonym über Menschenrechtsverletzungen berichten konnten. Damit geriet er aber auch ins Visier des Regimes. 2008 wurden Jamshid Sharmahd und einer seiner Mitarbeiter im iranischen Fernsehen mit Terrorismus im Iran in Verbindung gebracht. Eine jahrelange Kampagne des Regimes gegen Jamshid begann.
Im Jahr 2009 versuchte der iranische Staat, einen Mordanschlag gegen Jamshid durchzuführen. Dieser scheiterte jedoch, da der Attentäter Angst bekam und sich der Polizei stellte. Im Sommer 2020 wurde Jamshid Sharmahd von Agenten der Islamischen Republik Iran aus Dubai entführt und in den Iran verschleppt. Dies geschah während einer Zwischenlandung auf einer Geschäftsreise nach Indien. Wenige Tage später wurde er dann mit verbundenen Augen im iranischen staatlichen Fernsehen vorgeführt und gezwungen, ein Verbrechen zu gestehen, welches er nicht begangen hatte. Seit August 2020 wurde Jamshid Sharmahd in Isolationshaft gefangen gehalten und immer wieder gefoltert. Ihm wurden systematisch alle Rechte auf ein ordentliches Verfahren, einen Anwalt und jegliche konsularische Betreuung durch die deutsche Botschaft verweigert.
Seitdem war Jamshid Sharmahd eine deutsche Geisel der Islamischen Republik, seine Inhaftierung und Verurteilung politisches Kalkül. Retten können hätte ihn vielleicht ein entschlossenes Handeln der deutschen Bundesregierung. Jamshids Tochter Gazelle Sharmahd setzte sich seit seiner Entführung öffentlichkeitswirksam für die Freilassung ihres Vaters ein und kritisierte die deutsche Bundesregierung immer wieder für ihr zu zurückhaltendes Vorgehen. Seit Februar 2022 war das MFFB Teil des Bündnisses "Save Sharmahd", das sich für die Freilassung von Jamshid Sharmahd eingesetzt hat. Wir haben es nicht geschafft.
Deutlich zu kritisieren ist das Verhalten der deutschen Bundesregierung. In den vergangenen vier Jahren hat sie nicht genug getan, um das Leben ihres Staatsbürgers zu retten. Sie hat es versäumt, den Druck auf Teheran ausreichend zu erhöhen, um eine Freilassung erwirken zu können. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich mit aller Kraft für die Freilassung der weiteren im Iran festgehaltenen deutschen Staatsbürger einzusetzen! Der Einsatz für die Geiseln des Regimes muss auch Sache des Bundeskanzlers sein! Unter ihnen befindet sich die Kölnerin Nahid Taghavi, die seit Februar 2024 wieder im Evin-Gefängnis festgehalten wird.
Jamshids Tochter Gazelle fordert nun eine eindeutige Positionierung der Bundesregierung und einen klaren Kurs. Sie wolle keine Beileidsbekundungen ohne eindeutige Schritte und die Rückholung ihres Vaters. Auf X schreibt sie:
“Werdet ihr unsere Familie wirklich IMMER NOCH IGNORIEREN und sogar die mutmaßlichen Leichname meines Vaters schutzlos in den Händen von Terroristen lassen? Wir wollen keine Stellungnahmen oder Beileidsbekundungen, die nicht die sofortige Rückkehr meines Vaters (tot oder lebendig) und eine harte Bestrafung der Mörder des Islamischen Regimes beinhalten.”
Außenministerin Baerbock verlautbarte, die Bundesregierung habe „unmissverständlich klar gemacht, dass die Hinrichtung eines deutschen Staatsangehörigen schwerwiegende Folgen haben wird“. „Schwerwiegende Folgen“ können nur den Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit dem Regime und die Ausweisung seiner Funktionäre und Agenten bedeuten. Außerdem war bereits die Entführung des deutschen Staatsbürgers Sharmahd in den Iran Beweis genug, die Revolutionsgarden auf die Terrorliste zu setzen - spätestens jetzt ist das eine imperative Forderung.
Statement Bündnis #SaveSharmahd:
Jamshid Sharmahd kurz vor der Hinrichtung?
Berlin/Köln/Los Angeles, 29.7.2023
Der seit seiner Entführung vor drei Jahren vom Regime im Iran mit Isolationshaft gefolterte deutsche Ingenieur und Journalist Jamshid Sharmahd bekommt nur äußerst selten die Erlaubnis der Regimeschergen, seine Familie zu kontaktieren. Diese Anrufe sind der einzige Kontakt, der ihm jemals gestattet wurde. Nachdem er sich monatelang nicht melden dürfte, wusste die Familie nicht, ob ihr Vater, Ehemann, Sohn und Großvater noch am Leben ist, denn das Regime hat die Ermordung Jamshid Sharmahds in einem Scheinverfahren im Februar 2023 beschlossen.
Nun konnte Jamshid Sharmahd erstmals nach fünf Monaten seine Ehefrau und seine Tochter sprechen. Laut seiner Tochter Gazelle Sharmahd wirkte ihr Vater desorientiert und in einem äußerst besorgniserregenden physischen Zustand – und er wusste nichts von dem Todesurteil, das gegen ihn verhängt wurde.
Dass der „Angeklagte“ nicht über sein eigenes Verfahren in Kenntnis gesetzt wird, zeigt einmal mehr, dass unter dem Regime kein rechtsstaatliches Verfahren möglich ist. Das „Urteil“ gegen Herrn Sharmahd wurde vom Obersten Gericht im Iran bestätigt, ein Vorgang, der nur mit Erlaubnis des Verurteilten möglich ist. Herr Sharmahd kann diese Erlaubnis nicht erteilt haben, da er nicht einmal von dem „Urteil“ wusste. Dennoch fordert die deutsche Bundesregierung weiter ein rechtsstaatliches Verfahren für Jamshid Sharmahd statt seiner Freilassung. Damit legitimiert sie die gegen das Völkerrecht verstoßende Entführung eines deutschen Staatsbürgers aus dem Ausland, das anschließende Scheinverfahren, die Folter sowie den Akt der politischen Geiselhaft.
Die bisherige, mangelhafte Reaktion der Bundesregierung lässt sich bestenfalls mit unterlassener Hilfeleistung beschreiben. Statt auf ein unter einem Terrorregime nicht möglichen fairen Verfahren muss die Bundesregierung auf die sofortige Freilassung ihres Staatsbürgers hinwirken!
Jimmy, wie er von seiner Familie genannt wird, sagte seiner Tochter weiter: „Ich bin müde, ich bin am Boden zerstört, es sind jetzt fast drei Jahre, holt mich hier raus!“ Seine Hoffnung seien der Bundeskanzler, Europa und die USA.
Doch nur die Bundesregierung ist legal für ihren Staatsangehörigen verantwortlich.
Dieser Anruf nach so langer Zeit und nach der Ankündigung eines Staatsmords an Jamshid Sharmahd könnte der Abschiedsanruf an seine Familie gewesen sein – oder aber eine öffentliche Botschaft des Regimes an die Bundesregierung. In den letzten Wochen hat das Regime mehrere Geiseln aus EU-Ländern freigelassen. Es ist offensichtlich bereit, zu verhandeln.
Auch wenn unter normalen Umständen jeder Kontakt mit einem Terrorregime abzulehnen ist, geht es hier darum, ein Menschenleben zu retten. Ein Terrorregime nimmt Worte nicht ernst, denn es bricht diese selbst regelmäßig. Was zählt, sind Taten. Die Bundesregierung muss endlich ihrer Pflicht nachkommen, und glaubhaft handeln, um das Leben ihres Staatsbürgers zu retten, harte Maßnahmen umsetzen, wenn Jamshid Sharmahd nicht sofort freigelassen wird.
Noch ist es nicht zu spät, Jamshid Sharmahd und andere Geiseln wie die Deutsche Nahid Taghavi zu retten. Eine der einfachsten Methoden wäre, jede Zahlung aus Deutschland in den Iran zu stoppen, bis Jamshid Sharmahd sicher bei seiner Familie und der Alptraum für die Familie Sharmahd beendet ist.
Bundeskanzler Scholz, Außenministerin Baerbock, handeln Sie, bevor es zu spät ist, um das Leben von Jamshid „Jimmy“ Sharmahd zu retten!
Weitere Informationen über Jamshid Sharmahd finden Sie hier.