Pressekonferenz am 2. Mai zur Konferenz "Business as usual"

Mit Beiträgen von: Michael Spaney, Mideast Freedom Forum Berlin Fathiyeh Naghibzadeh, Mideast Freedom Forum Berlin Matthias Küntzel, Politikwissenschaftler und Publizist  

Michael Spaney, Vorstand Mideast Freedom Forum Berlin

Guten Morgen meine Damen und Herren, das Mideast Freedom Forum Berlin begrüßt Sie sehr herzlich zu dieser Pressekonferenz, die die internationale Iran-Konferenz „Business as usual? Das iranische Regime, der Heilige Krieg gegen Israel und den Westen und die deutsche Reaktion“ einläutet. Sie wird heute Abend und am morgigen Samstag im Auditorium Friedrichstrasse  in Berlin Mitte stattfinden. Das Mideast Freedom Forum Berlin ist ein Zusammenschluss von WissenschaftlerInnen und JournalistInnen aus verschiedenen Ländern. Alle Mitglieder verbinden langjährige Aktivitäten gegen Antisemitismus, Israelfeindschaft, Islamismus, Rassismus, Homophobie und andere Formen von Diskriminierung. Das Mideast Freedom Forum gibt es seit Mitte 2007. In Wien veranstaltet unsere Partnerorganisation „STOP THE BOMB – Bündnis gegen das iranische Vernichtungsprogramm“ - an diesem Wochenende eine Konferenz mit ähnlicher Ausrichtung. Wir unterstützen die „Stop the Bomb“ Kampagne, die sich gegen das geplante 22-Milliarden-Euro-Geschäft zwischen der teilstaatlichen Österreichischen Mineralölverwaltung (OMV) und dem Iran richtet. Wir freuen uns heute, eine Konferenz anzukündigen, die es so in Deutschland noch nicht gegeben hat: Auf unserer Konferenz werden Redner/innen aus Israel und dem Iran sprechen, da sie das Problem der iranischen Bombe gemeinsam betrifft. Denn die Bombe würde die Herrschaft der Mullahs auf unabsehbare Zeit zementieren. Zum ersten Mal analysieren exiliranische, israelische, US-amerikanische und europäische WissenschaftlerInnen und JournalistInnen gemeinsam die Gefahren, die das iranische Atomprogramm für die Welt bedeutet. Die Konferenz ist neben einer Analyse auch ein Protest gegen die Unterstützung des Regimes durch enge Wirtschaftsbeziehungen sowie die Verharmlosung der iranischen Bedrohung in der deutschen Öffentlichkeit. Auf der Konferenz werden drei Themen beleuchtet:
  1. Der Charakter des iranischen Regimes. Der iranische Gottesstaat ist eine brutale Diktatur, die durch eine islamistische Ideologie charakterisiert ist. Der aktuelle Jahresreport von Amnesty International zeigt, dass Iran mit 317 Hinrichtungen im Jahr gleich hinter China mit 470 rangiert. Und die Zahlen steigen. Sie haben sich im letzten Jahr sogar verdoppelt. Der Terror wird nicht nur in Gefängnissen im Verborgenen vollzogen, sondern auch stolz der Öffentlichkeit präsentiert. Antisemitismus ist ein zentraler Baustein der islamistischen Ideologie des Iran. Dies wird nicht nur in den Drohungen gegen Israel deutlich, sondern auch daran, dass Oppositionelle regelmäßig unter dem wahnhaften Vorwurf inhaftiert werden, sie seien Agenten des Zionismus.

  2. Die Bedrohung Israels und der internationalen Gemeinschaft durch das iranische Atomprogramm. Seit Ahmadinejads berüchtigter Rede auf der Konferenz „Eine Welt ohne Zionismus“ streitet man im Westen über Fragen der richtigen Übersetzung: will er Israel „von der Landkarte fegen“ oder „den zionistischen Besatzerstaat aus den Seiten der Geschichte streichen“? Diese Debatten gehen am Thema vorbei.  Seit der islamischen Revolution im Jahr 1979 haben iranische Führer immer wieder betont, dass sie Israel vernichten wollen. Ahmadinejad hat diese Drohungen verstärkt, indem er die Holocaustleugnung und die Vernichtungsdrohung zum zentralen Kern der iranischen Außenpolitik gemacht hat. Es gibt keinen Anlass, an der Ernsthaftigkeit der Drohungen zu zweifeln, denn das iranische Regime unterstützt bereits Stellvertreterkriege gegen Israel mit Hilfe von Hisbollah und Hamas. Die Geschichte hat gezeigt, wohin das Appeasement gegenüber dem Nationalsozialismus in den 30er Jahren geführt hat. Wenn es eine Lehre aus dem Nationalsozialismus geben kann, dann ist es die, dass Antisemiten sagen, was sie zu tun gedenken. Die iranische Bombe ist deshalb auf alle Fälle zu verhindern.

  3. Die Rolle Deutschlands. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2006 vor einem Appeasement gegenüber dem Iran gewarnt. Auf ihrer Israelreise im März 2008 hat sie von der deutschen Verantwortung für Israels Sicherheit gesprochen. Wenn diese Statements ernst gemeint sind: Warum ist Deutschland dann immer noch der stärkste westliche Handelspartner des Iran? Warum wurde der französische Versuch, unilaterale europäische Sanktionen zu verhängen, gerade von der Bundesregierung vereitelt? Warum nimmt man dann die iranische Bombe sehenden Auges in Kauf?  Das Außenhandelsvolumen Deutschlands mit dem Iran beträgt jährlich annähernd 5 Milliarden Euro. Und das meiste davon sind Hochtechnologieprodukte, Maschinenbau, Elektroniktechnik und Automobilindustrie. Damit ist die deutsche Industrie die wichtigste Stütze des iranischen Regimes im Westen. In diesem Jahr werden deutsche Firmen auf zahlreichen Messen im Iran vertreten sein. Auf der Ölmesse in Teheran diesen April war Deutschland mit einem eigenen Pavillon vertreten. Die Liste der deutschen Aussteller finden Sie in Ihrer Pressemappe. Deutsche Unternehmen vermeiden es wohlweislich, ihre Namen öffentlich mit dem Iran-Geschäft in Verbindung zu bringen. Die Ihnen vorliegende Liste wurde wenige Tage später wieder aus dem Internet gelöscht.          
Auch Siemens verschleiert sein Iran-Geschäft. Siemens hat auf seiner Website zwar eine Zeitleiste zu seinen Aktivitäten im Iran, aber für die Zeit seit dem Machtantritt der Mullahs ist nur ein Groß-Deal im Internet dokumentiert. Dieser betrifft die Installation eines Telefonnetzes. Erst vor drei Wochen kam durch die Jerusalem Post zum Vorschein, dass Siemens keineswegs nur private Telefonnetze betreut. Siemens lieferte dem iranischen Geheimdienst u.a. auch eine Telefon-Überwachungssoftware. Die deutsche Wirtschaft unterstützt – z. T. sogar mit staatlicher Beteiligung – ein religiös-diktatorisches Regime und versorgt das Land mit wichtiger Hochtechnologie. Auch für sein Atombombenprogramm. Unsere Konferenz wird mehr Aufschluss über ökonomische Fragen geben. Wir wollen mit dieser Konferenz nicht zuletzt SIE als Medienvertreter dazu anregen, den diversen ökonomischen und politischen Verstrickungen zwischen Deutschland und dem Iran auf den Grund zu gehen und darüber zu berichten. Deutschland hat sich bisher geweigert, unilateral europäische Sanktionen zu unterstützen und damit die Initiativen Frankreichs und Großbritanniens zerstört. Die Strategie des "kritischen Dialogs" und der Verhandlungen verschafft dem Iran lediglich Zeit die Bombe zu bauen. Mit Deutschland und Österreich sind also zwei Nachfolgestaaten der NS-Diktatur dafür verantwortlich, dass den Vernichtungsdrohungen des Iran nicht wirksam entgegengetreten wird. Wir halten das für einen nicht hinnehmbaren Skandal. Die deutsche Regierung muss aufhören, die Bemühungen anderer Staaten zur wirksamen Eindämmung des iranischen Expansionismus zu bremsen. Die Bundesregierung muss den Transfer von deutscher Hochtechnologie inklusive Dual-Use-Gütern für das iranische Atomprogramm vollständig unterbinden. Dies muss durch transparente gesetzliche Regelungen und klare Sanktionsbeschlüsse geschehen. Die Bundesregierung muss eine Politik beenden, die Israel in Sonntagsreden ihrer Solidarität versichert, die Sicherheit Israels auf diplomatischer, politischer und ökonomischer Ebene aber untergräbt. Die iranische Bombe muss mit allen Mitteln verhindert werden. Die Zeit, dies ohne militärische Mittel zu tun, verrinnt schnell. Deshalb muss ab sofort gelten: No more Business as usual!

 

Fathiyeh Naghibzadeh, Mideast Freedom Forum Berlin: Über die Unmöglichkeit des Dialoges mit dem islamischen Regime und den Monolog der Europäer

Berlin, 2. Mai 2008, Bundespresseamt
Die Vernichtung Israels ist nicht das persönliche Problem Ahmadinejads sondern die zentrale Agenda des Regimes von Anfang an. Einer der größten Vorwürfe von Khomeini gegen den Shah war bereits 1963, dass er Israel unterstütze. Kurz nach der so genannten Islamischen Revolution führte Khomeini den Quds-Tag ein, den internationalen islamischen Kampftag gegen den jüdischen Staat. Seitdem haben sich ALLE Fraktionen des islamischen Regimes für die Vernichtung Israels ausgesprochen. Auch die so genannten Reformer haben dies bekräftigt. So sagte Ajatollah Rafsanjani auf dem Quds-Tag 2001: „Die Anwendung einer einzigen Atombombe würde Israel völlig zerstören. Die islamische Welt würde jedoch lediglich beschädigt werden. Es ist nicht irrational, diese Möglichkeit in Erwägung zu ziehen.“[1]   

Die Legitimation des Regimes ist die islamische Revolution. Alle Versprechen des Regimes - wie Freiheit und Wohlstand – wurden gebrochen. Das einzige, was bleibt, ist der heilige Krieg gegen Israel und den Westen. Der Streit zwischen den Fraktionen in dieser Frage geht nicht darum, ob, sondern wie Israel zerstört werden kann.
Ich verstehe, dass Dialog und Verhandlungen zu den Gewohnheiten der internationalen Diplomatie gehören. Aber für einen Dialog braucht man zwei Seiten. Der so genannte kritische Dialog, den Europa seit Jahrzehnten mit dem Regime führt, ist jedoch ein Monolog. Und Ahmadinejads Aufstieg ist das Ergebnis dieses Monologes. Und wenn man sich die Illusion machen will, dass ein Monolog ein Dialog sei, führt das nur dazu, die Regeln neu zu interpretieren. Die Europaabgeordnete Angelika Beer hat zum Beispiel die Erkenntnisse der letzten EU-Delegationsreise nach Teheran folgendermaßen formuliert:  „Mit Eintreten der UN-Sanktionen hat Ahmadinedjad die innenpolitischen Repressalien drastisch verschärft. Anstatt das Regime weiter in die Isolation zu treiben, muss die EU alles daran setzen, den Menschenrechtsdialog mit Iran wieder aufzunehmen.“[2]

Mit dieser Logik kann man den europäischen Monolog natürlich noch ewig fortsetzen. In Wirklichkeit ist es genau andersherum: der europäische Monolog hat das Regime dazu befähigt, die Repression gegen die Bevölkerung, gegen die Opposition, gegen Frauen, Homosexuelle, Studenten, Arbeiter, religiöse und nationale Minderheiten immer weiter zu verschärfen und sich für die Expansion nach außen zu formieren. Das iranische Regime ist im Iran am schwächsten. Das liegt in der Natur dieser Diktatur. Doch über alle Fraktionskämpfe hinweg versteht es diese Diktatur sehr gut, sich ökonomische und politische Unterstützung von außen zu organisieren. Denn eines wissen alle Funktionäre des Regimes: Wenn ihr Regime stürzt, werden sie alle zur Verantwortung gezogen werden. In europäischen Medien mag man radikale Islamisten wie Ali Laridjani mangels Reformern jetzt zu „Gemäßigten“ umbenennen. Die iranische Bevölkerung wird solche Unterschiede nicht machen.           Ahmadinejad hat das iranische Atomwaffenprogramm mit einer Metapher beschrieben, die die gesamte terroristische Dynamik des Regimes nach innen und außen trifft: „Der Iran besitzt nukleare Technologie. Dieser nukleare Zug hat weder eine Bremse noch einen Rückwärtsgang. Wir haben sowohl die Bremse als auch den Rückwärtsgang im Vorjahr weggeworfen.“[3] Dieser Zug muss mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gestoppt werden, bevor es dem iranischen Regime gelingt, Israel, die iranische Bevölkerung und den gesamten Nahen Osten in die atomare Katastrophe zu stürzen.      
[1] Qods Day Speech (Jerusalem Day), Chairman of Expediency Council Akbar Hashemi-Rafsanjani, December 14, 2001, Friday, Voice of the Islamic Republic of Iran, Tehran, in Persian 1130 gmt 14 Dec 01, Translated by BBC Worldwide Monitoring, www.globalsecurity.org/wmd/library/news/iran/2001/011214-text.htmlindex.php?id=294#_ftnref2[2]Angelika Beer, Weitere Sanktionen treiben die Menschen in die Arme von Ahmadinedad, 10.12.2007 www.angelika-beer.de/index.phpindex.php?id=294#_ftnref3 [3] Bahman Nirumand: Drohung und Druck, taz 03.03.2007, www.taz.de/1/archiv/dossiers/dossier-iran/artikel/1/drohung-und-druck/

Dr. Matthias Küntzel, Politikwissenschaftler und Publizist

Berlin, 2. Mai 2008, Bundespresseamt In Teheran tickt eine Zeitbombe. Sie wird – wenn niemand sie abstellt – bald explodieren, was einen furchtbaren Krieg nach sich ziehen kann. Es gibt nur einen Weg, diese Zeitbombe mit friedlichen Mitteln abzustellen: Tehran muss schnell und massiv mit harten Wirtschaftssanktionen unter Druck gesetzt werden, bis es zumindest die Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats befolgt und alle bombenrelevanten Tätigkeiten kontrollierbar beendet hat. Die Bundesregierung steht im Wort: Die Bundeskanzlerin hat sich und ihre Regierung verpflichtet, alles zu tun, um die iranische Bombe zu verhindern. Sie hat erklärt, zu diesem Zweck auch vor massiven wirtschaftlichen Sanktionen nicht zurückschrecken zu wollen. Tatsächlich geschieht das Gegenteil: Es ist die deutsche Technik, etwa von der Firma Linde AG, die dem Iran derzeit entscheidend aus der Patsche hilft. Es ist die deutsche Politik, die ernsthafte unilaterale Sanktionen der Europäischen Union bis heute vereitelt - obwohl sich das Regime den  Aufforderungen des UN-Sicherheitsrats mit einer beispiellosen Dreistigkeit widersetzt, obwohl es den Antisemitismus und die Holocaustleugnung in das Zentrum seiner Außenpolitik gestellt hat und obwohl es als einziges Land dieser Erde die Zerstörung eines anderen UN-Mitgliedsstaat angekündigt hat.  Auf der einen Seite ist die Iran-Politik des Auswärtigen Amts von globaler Relevanz. Auf der anderen Seite ist das Regierungshandeln gerade in diesem Punkt der öffentlichen Kontrolle so gut wie vollständig entzogen. Nehmen wir das Beispiel von Mehdi Safari. Safari ist als stellvertretender iranischer Außenminister ein Führungskader des Regimes. Mitte April – vor gut zwei Wochen – war er drei Tage in Berlin – nach iranischen Angaben auf Einladung des Auswärtigen Amts. Im Gegensatz zu den deutschen Medien wurde in iranischen Medien hierüber informiert. So war dem iranischen Regierungssender Press TV das Folgende zu entnehmen:„The two sides discussed ways to expand economic cooperation and agreed that an economic German delegation would visit Iran soon to follow up agreements already signed between Tehran and Berlin.“ Ich frage die Bundesregierung: Haben sich die iranischen Medien dies – und zahlreiche andere Angaben über Safaris Besuch zusammengelogen oder sind sie wahr? Falls sie wahr sind: Um welche bereits unterzeichneten Vereinbarungen zwischen Teheran und Berlin handelt es sich? Warum sollen deutsche Wirtschaftsexperten ausgerechnet jetzt in den Iran geschickt werden? Wie ist dies ganze mit den Erklärungen der Bundeskanzlerin zu vereinbaren? Safari soll in Berlin mit folgenden Stellen verhandelt haben: Dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Reinhard Silberberg, der ihn angeblich eingeladen hatte. Dem Staatssekretär des Inneren, August Henning. Dem stellvertretenden deutschen Wirtschaftsminister. Bundestagsabgeordeneten wie Eckhard von Klaeden und Wirtschaftsvertretern u.a. vom Numov-Verein. Safari hat darüber hinaus politische Gespräche im Rahmen der Körber-Stiftung geführt: An diesen nahmen unter anderem die grünen Bundestagsabgeordneten Jürgen Trittin und Kerstin Müller – zwei ehemalige Mitglieder der Regierung Schröder/Fischer – sowie Volker Perthes von der Stiftung Wissenschaft und Politik teil. Sehr geehrte Damen und Herren: Der Besuch von Mehdi Safari ist eines von mehreren Beispielen, die beweisen, dass in Deutschland über das Gefahrenpotential des iranischen Regimes und die Frage, wie Deutschland darauf reagiert nicht angemessen informiert geschweige denn diskutiert wird. Dies erklärt das große Interesse an der heute beginnenden Konferenz des Mideast Freedom Forum. Sie wird ein Vakuum füllen. Die Zeitbombe tickt, es ist Fünf vor Zwölf. Berlin steht, was die internationale Irandiplomatie anbelangt, zweifellos in der ersten Reihe – jedoch nicht bei jenen, die das Unheil abzuwenden suchen, sondern bei denjenigen, die ihm nolens volens den Weg bereiten. Dass die heute beginnenden Konferenz hieran etwas zu ändern beginnt, sollte unser aller Interesse sein. Schönen Dank.