Angst vor der Aufklärung. Mit Mythen gegen die Mythos-Broschüre
Stellungnahme zur aktuellen Kampagne gegen Masiyot e.V.
Berlin, 21.3.2024
Die Herausgabe und Publikation unserer Broschüre Mythos#Israel1948 wurde von Beginn an von einer feindseligen Kampagne begleitet. Bereits im September 2023 kam es bei der ersten Vorstellung der Ausgabe zu aggressiven Ausfällen von Störern, im Vorfeld waren wir dazu gezwungen, Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, um Podium, Publikum und Veranstalter zu schützen. Als es schließlich nicht gelang, die Veranstaltung zu sprengen, wurden via Social Media Falschaussagen über die Unterdrückung von Meinungsfreiheit auf unserer Veranstaltung sowie den Polizeieinsatz, der stattgehabt hatte, verbreitet. [Stellungnahme zur Veranstaltung am 13.09.2023: siehe ganz unten; Jungle World-Artikel v. 21.09.2023]
Der erwünschte Erfolg, die Broschüre zu diskreditieren, blieb allerdings aus. Schließlich legte sogar die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Neukölln nahe, sie in eine Sammlung von Bildungsmaterialien für Lehrkräfte oder Pädagogen aufzunehmen. Im Nachhinein verwandelte die Gegenkampagne diese ‚Empfehlung‘ der Broschüre in ein geplantes Schulprogramm. Sogar ein Artikel der britischen Nachrichtenagentur ‘Middle East Eye’ verlautbarte unter dem Titel „Berlin schools asked to distribute leaflet describing the 1948 Nakba as a 'myth’“: „Germany stands out with its unwavering political and military support for Israel“.
Während der öffentlichen Sitzung der BVV wandten die ‚Kritiker‘ abermals eine Taktik der Einschüchterung (mit anschließender Verkehrung von Täter und Opfer) an, so kam es zu Beschimpfungen und Störaktionen – auch hier musste die Polizei vor Ort sein, ein Sicherheitsdienst eingreifen, es wurden Hausverbote ausgesprochen.
Ob demokratische oder wissenschaftliche Prinzipien: Wo das bessere Argument der eigenen Ideologie entgegensteht, scheint es als Lüge bezeichnet werden zu müssen, wo die Mehrheit sich entscheidet, dennoch dem Argument zu folgen, muss sie offenbar niedergebrüllt werden. So wird durch Aggression, Einschüchterung und Mythenbildung mit Vehemenz der Aufklärung entgegengearbeitet. Das eigene gewalttätige Auftreten wird als ‚Widerstand‘ verklärt, die Verteidigung demokratischer und wissenschaftlicher Prinzipien als Gewaltanwendung umgedeutet. Es ist die klassische Dramaturgie der Täter-Opfer-Umkehr zu beobachten.
‚Im Kleinen‘ erfahren wir hier, wie antiisraelische Propaganda auf der großen Weltbühne funktioniert: So werden die Unterstellungen der aggressiven antiisraelischen Gruppierungen und Kampagnen selbst von öffentlich-rechtlichen Medien kritik- und widerspruchslos übernommen. Etwa, wenn der SWR-Jugendkanal Das Ding die ‚Argumentation‘ der Neuköllner Linken-Fraktion, welche die Kampagne gegen die Myhos#Israel1948-Broschüre federführend vorantreibt, wortwörtlich übernimmt und diesbezüglich unterstellt: „Die Behauptungen darin sind nicht belegt – sie sind zu einem großen Teil sogar widerlegt“ – ohne auch nur seinerseits einen einzigen wissenschaftlichen Beleg hierfür vorbringen zu können. Auch der RBB betreibt, ganz im Sinne der Gegenaufklärung der Linken-Fraktion Neukölln und ihrer Anhängerschaft, eine Umkehr von Aggressor und Verteidiger, wenn er titelt: „Die Reaktion der Bezirksverordneten hat die Stimmung weiter angeheizt“.
Nicht die Störer hätten also die Stimmung dadurch angeheizt, dass sie eine demokratische Wahl durch Beschimpfungen und Lärm zu verhindern suchten, sondern der um Ruhe im Saal bemühte Bezirksverordnete. Es heißt dort weiter: „Die Co-Fraktionsvorsitzende der Linken in Neukölln kannte nach eigener Aussage einige der Besucherinnen und Besucher“, die „auf den Tribünen offensichtlich bewegt“ gewesen seien. Die Störung sei aber gar nicht so schlimm gewesen, denn „Aßmann zufolge liefen sie [...] nicht durch den Saal. Die Störung habe zudem nicht länger als einige Minuten gedauert“ (a.a.O.).
Ist es erst dann legitim, Aggression Einhalt zu gebieten, wenn sie länger als „einige Minuten“ andauert (und wenn ja, ab wie vielen Minuten?), Menschen durch den Saal laufen – oder gar in dem Moment, in dem sie auch handgreiflich werden? Deutlich zeigt sich: Angreifer und Verteidiger werden systematisch verkehrt – nicht zuletzt, wenn auch noch zustimmend hinzugefügt wird: „Linke wirft Kollegen unsensibles Verhalten vor – ‚es wurde regelrecht gebrüllt‘“ (a.a.O.). Ist also derjenige ‚unsensibel‘, der einer Störung demokratischer Wahlen entgegentritt oder derjenige, der die Sitzung niederbrüllt? Was wäre denn sensibel gewesen: sich dem Tumult zu unterwerfen und die demokratische Wahl für nichtig zu erklären?
Wie viel Angst müssen Menschen, denen nur noch die Mittel der Gewalt und der Lüge bleiben, vor der Aufklärung haben? Ein Hinweis für diese Angst vor dem besseren Argument ist die aggressive Leidenschaft, mit der die Kampagne gegen die Mythos#Israel1948-Broschüre seither weitergeführt wird: mittels einer von tausenden Menschen unterzeichneten Petition, die weder ein prüfbares Gegenargument gegen die von uns herausgebrachten Texte noch einen einzigen wissenschaftlichen Beleg vorweisen kann. Denn „eine ausführliche und tiefgreifende Diskussion über die akademischen Leistungen dieser Broschüre würde den Rahmen eines offenen Briefes sprengen“. Stattdessen folgen – wie stets – Unwahrheiten und Unterstellungen, zum Beispiel wären unsere Autoren für dieses spezifische Thema nicht wissenschaftlich ausgebildet. „Wie der Name schon sagt, verfolgt ‚Masiyot‘ (hebräisch für ‚Lügengeschichten‘) das politische Ziel, die palästinensische Geschichte zu leugnen und dem Geschichtsrevisionismus eine Bühne zu geben, der versucht, die wissenschaftlich, politisch und gesellschaftlich anerkannte Sicht der Geschichte zu revidieren, und zwar sowohl auf der zionistischen als auch auf der palästinensischen Seite der politischen Landkarte.“ (A.a.O.) Frei nach dem Motto ‚Eine Lüge muss nur oft genug wiederholt werden, damit sie geglaubt wird‘. Mit erstaunlicher Konsequenz wird dem Verein, den Herausgebern und Autoren der Broschüre vorgeworfen, was man selbst betreibt: nämlich einen „Krieg der Narrative“ zu führen, bei dem es nicht um Dialog, sondern darum gehe, „die Klassenzimmer zu Schlachtfeldern“ (a.a.O.) zu machen.
Mythos#Israel1948 bedient keine Narrative, sondern liefert Argumente. Wer einem Argument offen gegenübersteht, hat auch den Mut, sich diesem zu stellen, selbst wenn es dem eigenen zuwiderläuft. So funktioniert Aufklärung. Wer das nicht aushält und aggressiv mit Lügengeschichten eine Mystifizierung vorantreibt, betreibt Gegenaufklärung – d.h. antisemitische Propaganda.